Seit mehr als zwei Wochen bin ich nun wieder auf den Philippinen, Und nach all den Abenteuern zuvor habe ich hier eine andere Mission - ich wollte das wirklich wahre Leben kennenlernen. Auch deshalb habe ich eine Weile nichts mehr von mir hören lassen.
Aber wie fange ich am besten mit meiner Geschichte an? Meine Freunde Augustus und Hutchinson würden sagen: "Präzise und von Anfang an." Also gut.
Bei meinem ersten Aufenthalt auf den Philippinen habe ich einige Freundschaften mit Einheimischen geschlossen. Einige hat man schnell wieder vergessen, andere sind facebook-Freunde geblieben und mit wiederum anderen bleibt man in Kontakt. So war es auch bei mir. Da mich die Zeit auf Borneo müde und ein wenig reisefaul gemacht hatte, beschloss ich auf die Philippinen zurückzukehren und meine letzten Wochen in Asien mit ihnen zuverbringen. Ich wusste nicht so recht, worauf ich mich einließ, doch genau das ist das spannende am Reisen. Das einzige, das ich wusste, war, es würde kein Strand- oder High Society-Leben sein.
So lebe ich im Moment in einer kleinstädtischen Nachbarschaft mit all ihren Höhen und Tiefen. Mal abgesehen von zwei Kurztrips habe ich die gesamte Zeit hier verbracht. Viele würden es Zeitverschwendung nennen, aber ich bereue es keineswegs. Zugegeben, ich habe es hier gar nicht so schlecht getroffen. Wer hier ein paar Peso übrig hat, der verfügt über Hausangestellte. Wir haben zwei. Kochen, Abwaschen, Putzen, Aufräumen, Wäsche oder selbst den Tisch (ab-) decken - undenkbar. Ich will nur so viel verraten: Als Student in Deutschland müsste ich ungefähr einen Tag arbeiten, um die Monatsgehälter beider zu zahlen.
Ein wenig störend sind nur die ganzen Blicke. Ich bin hier halt immer noch fremd. Doch von Tag zu Tag nimmt auch dies ab. Die Leute in der Nachbarschaft kennen mich und meinen Namen mittlerweile und auch ich kann mir immer mehr Gesichter und Namen merken.
Von den jungen Mädels im heiratsfähigen Alter (besonders von der Hausangestellten der Nachbarn) erhalte ich viele verstohlene Blicke. Einmal hat mir sogar eine verheiratete Frau mittleren Alters gesagt, sie würde ihren Ehemann verlassen und mit mir durchbrennen, wenn ich es nur wollte. Ich vermute es liegt an meiner Haut-, Augen- und Haarfarbe, vielleicht auch an dem Glauben, ich hätte ein übermäßig volles Portemonnaie.
Die halbstarken Jungs in der Nachbarschaft fordern mich regelmäßig zu einer Partie Basketball heraus. Dank der vielen Jahre Handball sehe ich dabei nicht ganz so schlecht aus.
Schlecht sah ich nur aus, als ich krank wurde. Sehr hohes Fieber und Schmerzen. Anfangs hatte ich den Verdacht, dass mir eine der vielen lästigen Mücken Malaria oder Dengue angehängt hat, aber nach ein paar Tagen war es wieder gut. Ich hatte viele Leute, die sich um mich gekümmert haben. Aus westlicher Sicht würde ich es alternative Heilmethoden nennen: Gebete, eine Art Spucken auf mein Haupt, irgendwelche Räucherkräuter, was mich irgendwie an eine katholische Messe erinnert hat, oder Massagen. Ich will dem nichts absprechen; mir geht es wieder gut. Jeder hat etwas zu meiner Genesung beigetragen. Das nenne ich Nachbarschaftshilfe.
Mit den Jungs in der Nachbarschaft sitze ich ab und zu zusammen und trinke das ein oder andere Bier. Auch das läuft ein wenig anders als in Deutschland. Das fängt bei der Größe der Flasche und der Gläser an und endet für die meisten meiner Freunde wegen ihrer Trinkgeschwindigkeit früh. Eine 1-Liter-Flasche steht auf dem Tisch, jeder füllt sein (kleines) Glas und dann wird es mit einem Schluck geleert. Manchmal ist auch nur ein Glas vorhanden, das dann immer im Kreis rumgereicht wird. Hier wird so gut wie alles geteilt, egal ob arm oder reich. Vor allem aber werden die Lacher geteilt.
Dies verdient meinen Respekt, besonders wenn man weiß, dass längst nicht alle eine Arbeit haben. Wer keine Arbeit hat, der kümmert sich eben um die Hähne. Die haben oft einen höheren Stellenwert als die eigene Ehefrau. Hahnenkämpfe ist hier so etwas wie Religion. Ich sage nur: An jedem verdammten Sonntag. Wenn man keinen eigenen Hahn hat, dan wettet man eben. Klar habe ich da auch mitgemacht. Zumeist hatte ich Glück, zumal die Chancen besser sind. als jedes Kasino bieten kann - 50:50. Dadurch habe ich mir auch den Respekt der Alten verdient. Das weiße Greenhorn geht zum Nationalsport und mischt gleich gut mit.
Nicht nur die vielen Blicke stören mich, sondern auch die ganzen Angebote. Besonders die älteren Damen sind da sehr hartnäckig. Fast jede versucht mir ihre Tochter, Nichte etc. als meine zukünftige Ehefrau anzudrehen. Es ist schon verlockend wie für einen kleinen Jungen im Süßigkeitenladen, aber kein Interesse...
Ich habe hier schon ein gutes Leben; es ist einfach, günstig und herzlich. Es hat nicht viel von dem Bild, das viele Westler im Kopf haben. Ich bin foh über die drei Wochen, die ich hier insgesamt verbringen darf. Ich würde es nicht eintauschen wollen. Schon bald bald sind sie jedoch vorbei. Dann geht es nach Bangkok zu meiner letzten Mission: Stichwort Phil, Stu und Alan. Am Karfreitag bin ich dann wieder in der Heimat und am Ostersamstag bin ich dort, wo ich jedes Jahr bin. Ich freue mich schon...